Folgenden Leserbrief habe ich am 04.08.2025 an den Nordbayerische Kurier gesandt - dieser hat von einer Veröffentlichung bislang abgesehen:
Die Politik gegenüber dem Staat Israel neu überdenken
Als Parlamentarier durfte ich 5 Jahre lang Mitglied des Bundespräsidiums der Deutsch-Israelischen Gesellschaft und auch Mitglied der Deutsch-Israelischen Parlamentarischen Gesellschaft des Deutschen Bundestags sein und war in meiner Eigenschaft als Außen-, Verteidigungspolitscher Sprecher der CSU i. d. R. der erste Ansprechpartner für einen neu in Bonn zu akkreditierenden Botschafter Israels. Mit dem früheren Ministerpräsidenten Yitzak Rabin verband mich eine persönliche Freundschaft. Von ihm lernte ich, dass für die erfolgreiche Verteidigung eines Landes nicht nur eine gute Ausrüstung seiner Soldaten, sondern vor allem auch die Überzeugung einer Bevölkerung maßgeblich ist, da Land und seine Werte – und seinen Glauben – zu verteidigen. Als junger Leutnant der Reservere der Deutschen Bundeswehr hatte ich der früheren israelischen Ministerpräsidentin Golda Meir angeboten, als Soldat für Israel zu kämpfen. In einem sehr netten Antwortbrief teilte sie mir mit, dass ich zunächst einmal drei Jahre in Israel leben müsste, bevor meinem Wunsch entsprochen werden könne. Übrigens: der Spielvereinigung Bayreuth vermittlelte ich – auf eigene Kosten – einen Flug der ersten Mannschaft nach Israel. Damals war die Spielvereinigung der erste höherrangige Repräsentant des Deutschen Fussballs, der in Israel auftrat. Auch hatte ich gute Kontakte zu den christlichen Arabern im Land, was dazu führte, dass mir der Bürgermeister von Bethlehem eine Städtepartnerschaft mit Bayreuth anbot, auch wenn dieser Vorschlag vom damaligen Oberbürgermeister der Stadt, Hans Walter Wild, abgelehnt wurde. Ich schreibe dies so ausführlich, um zu begründen, dass ich durchaus ein Freund Israels bin und versuche, auch Verständnis für die israelische Politik zu entwickeln. Dabei konnte ich durchaus mit Stolz und Selbstbewusstsein für Deutschland auftreten und habe mich nie gescheut, gleichgültig in welcher Versammlung, von konservativen Würdenträgern u. a. darauf hinzuweisen, dass die Zukunft unserer beiden Völker nicht auf dem ewigen Vorwurf gegenüber den Deutschen aufbauen dürfte, sondern ein völlig neues Kapitel in unseren politischen Beziehungen aufgebaut werden müsse. Ich bekam hierfür sehr viel Beifall. Denn immerhin heißt es im zweiten Buch Mose 20.5, im 5. Buch Mose 24.16 und bei Hesekiel Kapitel 18:5 und 9, sowie 20, dass die Väter nicht für die Sünden der Söhne und die Söhne nicht für die Sünden der Väter hafteten. Dies sind also uralte jüdische Überzeugungen, wobei mich wundert, dass Generationen von Deutschen, besonders auch der jüngeren Generationen, ständig unter der Last der Geschichte leiden sollen. Sie hafteten eben nicht für die Sünden ihrer Väter. Dies muss auch den Deutschen zugestanden werden! Warum eigentlich nicht? Im Ergebnis heißt dies, dass wir nicht in unterwürfiger Haltung alles gut heißen müssen, was die heutige israelische Politik veranlasst hat und dass der „Strafaktion“ Israels im Gazastreifen Maß und Ziel verloren gegangen ist. Dies muss selbstverständlich öffentlich gesagt – und politisch auch danach gehandelt werden! Yitzhak Rabin hat mir einmal folgendes gesagt: In unserem Land leben ca. 1 Million Araber, häufig als Christen. Jeder junger Araber muss das gleiche Recht und die gleichen Möglichkeiten wie ein junger Israeli haben, sich beruflich fortzubilden und wichtige Funktionen in unserem Staat zu übernehmen. Nur dann kann Israel wirklich, auf lange Frist, Frieden finden. Dieser große Mann, übrigens auch ein begnadeter Soldat, wurde von einem seiner jüdischen Landsleute getötet, ein für den gesamten Nahen Osten höchst tragisches – und in seiner Bedeutung bis heute noch nicht richtig erkanntes – Ereignis. Israel aber muss lernen, dass nur die Anerkennung einer eigenen staatlichen Gemeinschaft der Palästinenser, nicht aber unversöhnlicher Hass und unglaubliche Zerstörung, Grundlage für eine friedliche Entwicklung sind. Wenn Netanyahu dafür zu dumm ist, dass darf ich in meinem Alter sagen, muss ihm das von vernünftigen Menschen auf der Welt eindeutig vermittelt werden. Jeder Krieg ist ein Verbrechen. Wer ihn anzettelt, ein Verbrecher.
Ortwin Lowack Rechtsanwalt
- 19.08.2025 -