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Texte und Kommentare aus unserer anwaltlichen Praxis

Zu einem Artikel im Nordbayerischen Kurier „Wie abhängig ist die Justiz von der CSU?“ darf ich, unter Hinweis auf zwei Fälle aus meiner Kanzlei, auf folgendes hinweisen:

Ja, es besteht eine offensichtliche Abhängigkeit der Staatsanwaltschaft von den Anordnungen aus dem Bayerischen Justizministerium / Kabinettsentscheidungen. Dies ist in Bayern auch so gewollt.

Staatsanwälte sind – leider – abhängige, weisungsgebundene Geschöpfe des Justizapparats. Eigentlich müssten sie nach dem für ihre Tätigkeit bundesweit gültigen Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren (RiStBV) grundsätzlich auch ermitteln, was für einen Beschuldigten spricht und zu seiner Entlastung beitragen kann. Sie sind vor allem an den Grundsatz des „in dubio pro reo“ gebunden.

Die Praxis schaut ganz anders aus. Zumindest in Bayern fühlen sich viele Staatsanwälte verpflichtet, gegen sog. Beschuldigte zusammenzutragen, was belastend sein könnte, nicht aber zu ermitteln, was zur Entlastung der Beschuldigten führen könnte. Es werden dann Anklagen produziert, die das Ergebnis des Verfahrens, oft mit wilden „Umschreibungen“ vorwegnehmen, statt den angeklagten Sachverhalt nüchtern und ohne Pathos zur Anklage zu bringen.

Viel schlimmer aber ist, dass sich viele Richter in Bayern der Staatsregierung beugen und sich anscheinend nicht mehr ihrer grundsätzlich garantierten Unabhängigkeit erinnern. Diese, im Grundgesetz verankerte, Unabhängigkeit des Richters ist nämlich kein Selbstzweck, sondern sie diente den Verfassungsvätern als Grundlage einer unabhängigen gerichtlichen Gewalt zum Schutz des Bürgers, nicht seiner Herabsetzung, oft genug Herabwürdigung in der Gefolgschaft teilweise verselbständigter, überheblich bis arroganter Verwaltungsbehörden.

 „Wie unabhängig ist die Justiz von der CSU?“ ist deshalb ein notwendiger Appell an die Richterschaft in Bayern, sich ihrer Unabhängigkeit als sog. Dritter Gewalt im Staat bewusst zu sein und ihren Stolz darüber nicht zur Machtausübung gegen, sondern für den Bürger einzusetzen. In keinem Bundesland in Deutschland ist die Verzahnung von Staatsanwaltschaft und Gerichten so eng wie in Bayern, sei es von den Laufbahnen her (in Bayern muss sich jeder Staatsanwalt verpflichten, auch als Richter tätig zu sein, und umgekehrt), vor allem auch durch gemeinsame Tagungen und Absprachen.

Die Richterschaft in Bayern sollte sich von dieser Verbindung befreien und sich nicht der Verwaltung unterordnen, erst recht nicht einer Partei wie der CSU, deren Grundsatz zu sein scheint: „Recht hamma“, egal warum.

 

Ortwin Lowack

Rechtsanwalt

- 09. März 2021 -

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