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Texte und Kommentare aus unserer anwaltlichen Praxis

Mit diesem Brief hat sich RA Ortwin Lowack an der Leitbild-Diskussion der DAV an dessen Präsidentin, Frau Kollegin Edith Kindermann gewandt!

Sehr geehrte Frau Kollegin Kindermann,

sehr geehrte Damen und Herren,

leider enthalten die bisherigen Vorschläge für ein Leitbild sehr wenig, um das Schwinden einer emotionalen Bindung der Mitglieder zu verhindern.

Der DAV sollte deshalb den Mut haben, sich aktuell in die Entwicklung des Rechts einzuschalten und die Kolleginnen und Kollegen aus ihrer Lethargie gegenüber rechtspolitischen Entscheidungen herauszuführen.   Wir behaupten, dass Deutschland ein Rechtsstaat sei. Rechtsstaatlichkeit erfordert allerdings klare Grundsätze, damit staatliches Handeln berechenbar und vorhersehbar bleibt. Unser Rechtssystem hat sich aber in den letzten Jahrzehnten laufend zu einem unübersehbaren Moloch entwickelt, in dem Vorhersehbarkeit und Berechenbarkeit staatlichen Handelns längst nicht mehr gewährleistet ist.   Statt sich um die x-te Fachanwaltschaft zu kümmern und sich - völlig danebenliebende - Gedanken zu machen, sollte der Rechtsanwalt/die Rechtsanwältin auch ohne Fachanwalts- bezeichnung wieder die entscheidende Anlaufstelle für die Bürger/Bürgerinnen sein.

Vor allem muss die Anwaltschaft viel mehr Selbstbewusstsein gegenüber der Justiz entwickeln, die heute völlig außer Kontrolle gerät und oft eine Arroganz entwickelt, die durch nichts gerechtfertigt ist!  

Insgesamt muss also klargestellt werden, dass der DAV einen neuen politischen Auftrag  hat, die bestehenden Missstände in unserem Rechts- und Verwaltungssystem zu bekämpfen, auch solche, wie in den letzten Jahrzehnten als Fehlentwicklungen des Justizsystems erkennbar wurden, insbesondere die ständige Einschränkung von Rechtsmitteln und den Ausbau polizeilicher Gewalt in vielen Ländern der Bundesrepublik Deutschland.   Auch die Justiz wird immer schlechter und überheblicher, wenn die Kontrollen durch Instanzen entfallen. Hier hätte der DAV eine Aufgabe, mit der er seine Fachgremien beauftragen und dazu auffordern kann, innerhalb einer überschaubaren Frist Vorschläge zu erarbeiten.  

Deutschland war einmal höchst angesehen bzgl. seiner Rechtsprechung und der großen Rechtsgelehrten, die in der Regel auch praktizierenden Juristen waren. Der DAV sollte den Mut haben, an einer Wiederherstellung der Vorbildhaftigkeit des Rechts in Deutschland mitzuwirken.

 

Ortwin Lowack

04.11.2019

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